Der erste Lutherdrucker war ein Grünberger
In diesem Jahr jährt sich die 500. Wiederkehr des Reichstages von Luthers Widerrufsverweigerung im Jahre 1521 in Worms. Dabei sollte Luther die von ihm verfassten Schriften widerrufen. Eine gewichtige Rolle spielt dabei auch der Grünberger Rhau-Grunenberg, der für Luther in der Universitätsdruckerei in Wittenberg tätig war und dort im Jahre 1520 die drei Schriften – „An den christlichen Adel deutscher Nation und von des christlichen Standes Besserung“, „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ und „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“ – gedruckt hatte.
Wittenberg war jahrzehntelange das Zentrum der reformatorischen Bewegung und erwies sich in dieser Zeit als einer der bedeutendsten Druck- und Verlagsorte in Deutschland. 1508 ließ sich Johann Rhau-Grunenberg in Wittenberg nieder. Er kam aus Erfurt, wo er in der Druckerei Wolf Stürmers gearbeitet hatte. Er nannte sich entsprechend seiner Heimatstadt Grünberg auch Gronenberg(K), Grunenberg(k), Gruenenberg oder latinisiert Viridimontanus. 1516 druckte Rhau-Grunenberg für Luther erstmals die „Theologia“. 1517 eröffnete Luther mit dem Einblattdruck der 95 Thesen, plakatiert an der Schloßkirche zu Wittenberg, den weltbewegenden, reformatorischen Kampf. Wahrscheinlich stammt auch dieser Druck aus der Presse von Rhau-Grunenberg. Mit dem zunehmenden Bedarf erwies sich die technische Ausstattung seiner Druckerei jedoch als unzulänglich. Die alten Lettern wurden allmählich unbrauchbar, Schriftbild und Satz blieben unbefriedigend. Dennoch ist Rhau-Grunenberg derjenige gewesen, der die typografische Vorleistung für den Durchbruch der Reformation vollbracht hat. In einem Schreiben „beschwerte“ sich Luther über die Druckqualität von Rhau-Grunenberg. 1525 gibt es die letzten Werke von ihm. Am 19. August 1527 berichtete Luther vom Pesttod der Tochter von Rhau-Grunenberg.
Da Personenstands-Akten aus der Zeit vor dem 30jährigen Krieg in Grünberg fehlen, lassen sich hier keine direkte Verwandten nachweisen. Doch ist eine Familie Rau seit 1378 in Grünberg nachweisbar. Eine Urkunde aus dem Jahr 1479 nennt einen „Rupert Rau“. Am Ende des 16. Jahrhunderts lebten in Grünberg drei Familien mit dem Namen „Rau“. Darunter Kunz Rau (1571) Andreas Rau (Spitalvorsteher und Ratsherr 1573). An der Wittenberger Hochschule studierte 1511 der Grünberger Antonitermönch Vulpertus Dur de grumbergk. Es ist der gleiche Volpert Rhau, der im Jahre 1538 als verheirateter Pfarrer in Queckborn auftaucht.
UNESCO Weltdokumentenerbe mit Grünberger Beteiligung
Der in der Forschungsbibliothek der Universität Erfurt bewahrte Erstdruck „Von der Freyheyt eynisz Christen menschen“ des Reformators Martin Luther wurde im Oktober 2015 von der UNESCO im Rahmen ihres Programms Memory of the World (MOW) zum Weltdokumentenerbe erklärt.
Bei der Erstauflage dieser Schrift versah Johann Rhau-Grunenberg den Holzschnitt des Titelblatts mit einem weltlichen Schmuckrahmen, den er auch andernorts verwendet hat. Man sieht einen Pilger und Zecher, deren Schilde von zwei Delphinen gehalten werden. Oben und unten sind die Wappen des Kurfürstentums Sachsen und Wittenbergs abgebildet. Erwähnenswert ist auch noch das von ihm öfters verwendet Drucksignet. Mit einer Distel spielt er dabei wahrscheinlich auf seinen Namen Rhau an.
Nach dem ersten Jubiläum im Jahr 2017 in Verbindung mit dem neu eröffneten Lutherweg und einer möglichen Übernachtung von Luther im Lutherhaus am Marktplatz bei seiner Rückreise vom Reichstag ist dies nun ein weiterer markanter Punkt mit Grünberger Beteiligung. Heute erinnern das Modell des Lutherhauses am Marktplatz, die Lutherbüste vor der Stadtkirche und ein hölzernes Monument am alten Friedhof an diese Zeit.
Drucksignet von Rhau-Grunenberg
Titelblatt der Lutherschrift „Von der Freyheyt eynesz Christen menschen“,
gedruckt 1520 von Rhau-Grunenberg