Wo übernachtete Luther in Grünberg?

Als Martin Luther vor 500 Jahren seine Ansichten auf dem Reichstag in Worms vertrat und sich am Ende überstürzt in Begleitung weniger Freunde auf den Rückweg Richtung Eisenach begab, führte sein Weg bekanntlich auch durch Grünberg, wo er in dem nach ihm benannte Lutherhaus am Marktplatz übernachtete.

Grünberg lag damals an der alten die Handelsstraße durch die „Kurzen Hessen“, eine wichtige Verbindung zwischen den beiden Messestädten Frankfurt und Leipzig, so dass die zahlreichen Gasthäuser am Marktplatz auch gerne von Handelsleuten zur Übernachtung genutzt wurden.

Das zweifellos wichtigste Indiz dafür, das Luther in Grünberg übernachtet hat, ist ein von ihm in Friedberg unterschriebenes Schreiben vom 29. April 1521. Bei seiner Rückreise von Worms wurde er vom kaiserlichen Reichsherold Kaspar Sturm begleitet, den er jedoch in Friedberg von seinen Pflichten entband. Dort hatte er im Gasthaus „Zum Grünberg“ übernachtet und gab dem Reichsherold ein Schreiben für den Kaiser und eines für seinen persönlichen Freund Spalatin mit.
In diesem lateinisch verfassten Schreiben erwähnte er, das er den Reichsherold weggeschickt habe und heute nach Grünberg reist (hodie ad gronbergium vehimur). Gegenüber der heutigen Reisegeschwindigkeit erreichten damals die Gespanne eine Tagesleistung von ca. 25 bis 40km, was in etwa Strecke von Friedberg nach Grünberg entsprach.

An das heute nicht mehr existente Lutherhaus an der Ecke Marktplatz/Marktgasse, welches durchaus heute ein markantes Fachwerkgebäude der Stadt darstellen würde, erinnert nur noch das Modell, welches sich fast an der Originalstelle in einer Vitrine am Marktplatz befindet. Das Haus selbst wurde im Jahre 1891 abgerissen, da es einer Straßenverbreitung an dieser Ecke im Weg stand. Das Haus gehörte zum damaligen Zeitpunkt der Witwe Anna Katharina Blöser, die infolge des Abbruches in das Nachbarhaus, heute Gasthaus Schirn, umzog. Sie verstarb am 14. März 1908 kinderlos, so ihr Vermögen der Stadt Grünberg zufiel. In dem aufgestellten Übergabeprotokoll vom 3. Oktober 1911 wurde vermerkt: „Eine Bartschüssel, welche Dr. Martin Luther bei seiner Durchreise in dem Blöser´schen Haus, wo er übernachtet hat zum Rasieren gebraucht hat“. Ob diese Schüssel tatsächlich existiert hat bzw. benutzt wurde, lässt sich heute jedoch nicht mehr mit wissenschaftlicher Bestimmtheit nachweisen.

Somit bleibt letztlich die Erinnerung an einen mutigen Reformator und einen zweifelsfreien Aufenthalt in Grünberg, wobei heute nicht nur das Gebäudemodell, sondern auch eine Bronzebüste vor der Stadtkirche und ein Holzmonument vor der Hospitalkirche an die damaligen Ereignisse erinnern.

Abbruch des Lutherhauses im Jahre 1891

 

Schreiben von Marthin Luther an seinen Freund Spalatin
(Quelle: LHSA, DE, Z8 Nr. 123)